Viele Startups verwechseln einen „Pitch“ mit dem Verkaufsgespräch. Sie entwerfen einen detaillierten Pitch, um Investoren von sich zu überzeugen – und versuchen anschließend nach dem selben Prinzip Kunden zu gewinnen. Wir haben mit zahlreichen Startups zusammengearbeitet, die zuvor durch pitchen versucht haben zu verkaufen, bevor sie uns trafen. Daher wissen wir: ein Pitch [zu Deutsch: „Anpreisung“] kann bei Investoren funktionieren – im Vertrieb nicht!
Denn “Pitching“ und “Selling“ sind zwei grundlegend verschiedene Disziplinen, die unterschiedliche Ziele verfolgen. Wer einen Pitch für sein Verkaufsgespräch nutzt, wird deshalb wenig Erfolg haben.
Heute verraten wir dir, was einen Pitch vom Verkaufsgespräch unterscheidet und worauf du achten musst, um a) Kunden und b) Investoren zu gewinnen. Viel Spaß!
Nicht alles was von Amerika kommt ist gut …
… und gerade schlechte Verkaufsmethoden werden gerne von Übersee übernommen. Der „Sales Pitch“ ist eine solche falsche Methode, die maßgeblich aus den USA stammt. Damit ist gemeint, dass man in einer eher monologen Form sein Produkt oder seine Dienstleistung anpreist. Mit Nennung der richtigen „Buzz Words“ versucht man den Kunden von einem Kauf zu überzeugen. Der Begriff hat sich auch in Deutschland schon fast als Synonym für das Verkaufsgespräch etabliert, was zu vertrieblichen Fehlstellungen führt. Das zeigt sich gerade darin, dass die USA mit dem Verkauf von erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen mehr Schwierigkeiten haben als z.B. Deutschland.
Richtig gehört! Deutsche sind besser im Verkauf von komplexen Dingen, weil sie weniger pitchen. Amerikaner sind dafür besser im Beschaffen von Geldern und Investitionsmitteln, weil sie mehr pitchen.
Da das Thema Finanzierung auch für deutsche Start-Ups am Anfang enorm wichtig ist, orientieren sich junge Unternehmer erstmal mehr an der amerikanischen Verkaufsweise, was gut für die Beschaffung von finanziellen Mitteln ist. Leider bleiben sie bei der Methode (die schließlich Fremdkapital eingebracht hat) hängen und pitchen auch vor ihren Kunden. Nach zig Investorenrunden sind sie diesen Modus auch gewöhnt. ABER ….
… Kunden sind keine Investoren
Wenn du pitched, erzählst du über dein Unternehmen, deine Visionen und Pläne. Beim Pitchen wirbst du für dein Unternehmen und konzentrierst dich dabei vor allem auf dich selbst – und weniger auf die Kundenseite.
Das funktioniert bei Investoren, denn Investoren sind tatsächlich an deinem Unternehmen interessiert. Sie möchten verstehen, wie sich dein Unternehmen in Zukunft aufstellen wird, wie es Umsatz erzielt und welche Innovationen geplant sind.
Im Verkauf funktioniert das nicht. Die bittere Wahrheit: Im Vertrieb interessiert sich zunächst niemand für dich, deine Firma, dein Produkt oder deine Dienstleistung. Potenzielle Kunden interessieren sich nur für eines: Kannst du ihre Probleme lösen, oder nicht? Schaffst du es, eine Lösung zu kommunizieren, die es wert ist gekauft zu werden?
Um das herauszufinden, musst du in erster Linie zuhören anstatt etwas anzupreisen.
Nur indem du dein Augenmerk voll und ganz auf den Kunden richtest, wird auch dir Aufmerksamkeit zuteil.
Merke: Kunden suchen nach anderen Dingen als Investoren, sie wolle sich im Zentrum sehen und nicht dich und deine Produkte!
Verkaufsgespräch und Pitch haben andere Kontexte
Bei einem Investor-Pitch ist ein großer Kontext wichtig. Du musst zeigen, wo du dich in X Jahren siehst, wie du auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben und deine Marktposition ausbauen wirst. Nur wenn die Perspektiven stimmen, ist dein Unternehmen eine lukrative Investition.
Für potenzielle Kunden spielt das alles keine Rolle. Für den Kontext zählt nur das Hier und Jetzt. Du musst dem potentiellen Kunden zeigen, dass du seine Probleme und „Schmerzen“ nachvollziehen kannst und mit ihm gemeinsam JETZT eine Lösung finden willst.
Deine Pläne zur Weltherrschaft? Wie viel Umsatz du generierst? Welche herausragenden Features du in 5 Jahren haben wirst? Das interessiert deine Kunden nicht die Bohne!
Wen möchtest du überzeugen, was zu tun?
Sowohl beim Verkaufsgespräch als auch beim Pitch geht es um Überzeugung. Dennoch verfolgen beide komplett unterschiedliche Ziele.
- In einem Verkaufsgespräch möchtest du, dass sich deine potenzielle Kunden selbst überzeugen. Durch Fragetechniken leitest du das Gespräch so, dass der Kunde anfängt zu denken, wie sich sein Problem lösen lässt. Das heißt, erst wenn er die Vorzüge deines Produktes selbst erkennt… erst dann hat er den Nutzen deiner Lösung verstanden! Damit das gelingt muss jedes Verkaufsgespräch individuell auf deine potenziellen Kunden zugeschnitten sein.
- Ein Investor-Pitch verfolgt ein anderes Ziel: Du möchtest Investoren nicht von deinen Produkten überzeugen, sondern davon, dass sie mit deinem Unternehmen Geld verdienen können. Das bedeutet, dass du einen Standard-Pitch vorbereiten kannst, denn die Informationen, wie du z.B. Umsatz generieren willst ändern sich nicht, wenn du jeweils vor anderen Investoren pitched. Anstatt auf Fragetechniken beruht der Pitch auf Präsentationstechniken.
Merke: Investoren müssen schnell und aufschlussreich erkennen können, dass dein Produkt einen echten Mehrwert für Kunden bietet.
Fazit: Verkaufst du dein Unternehmen oder eine Lösung?
Der größte Unterschied zwischen Pitching und Selling liegt demnach in den Zielen, die verfolgt werden. Du verkaufst zwar in beiden Fällen etwas, dennoch sind die Intentionen der Partei komplett andere.
Wenn du vor einem Investor pitched, möchtest du ihn daher überzeugen, sich mit deinem Unternehmen, deinem Team und deinen Visionen auseinanderzusetzen und besser kennenzulernen. Welche Argumente sind für Investoren wichtig? Zum Beispiel folgende:
- Ein erfahrenes und extraordinäres Management-Team
- Ein realistischer und großer Markt
- Großes und steigendes Umsatzpotenzial
- Dass dein Alleinstellungsmerkmal auf Dauer die Konkurrenz abhängt.
Im Verkaufsgespräch geht es dagegen darum, den Kunden in die nächste Phase des Kaufprozesses zu leiten. Das übergeordnete Ziel: Eine Verbindung zwischen deinem Produkt/Dienstleistung und der Lösung von Problemen deiner Zielgruppe herzustellen. Folgende Argumente spielen für Kunden dabei eine Rolle:
- Die Vertrauensbasis, dass ihr gemeinsam die Probleme des Unternehmens identifiziert.
- Deine Methode, die darauf beruht, dass du in seinem Interesse handelst und nicht nur an eigene Provisionen denkst.
- Dass dein Alleinstellungsmerkmal genau das ist, was dem potentiellen Kunden bisher gefehlt hat.
Du merkst: Es gibt keine Überschneidungen bei beiden Listen, auch wenn teilweise die gleichen Begriffe, wie z.B. „Alleinstellungsmerkmal“ genannt werden. Die Blickrichtung ist aber eine andere. Beide verfolgen verschiedene Ziele und erfordern verschiedene Herangehensweisen. Daher präsentiere nur vor Investoren und stell deinen Kunden die richtigen Fragen.
Viel Erfolg beim nächsten Investoren- oder Kundengespräch!